Zukunft der Industrie 4.0: Potenziale der Künstlichen Intelligenz gemeinsam erschließen
Die Plattform Industrie 4.0 ist eine gemeinsame Initiative des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie sowie des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier und Bundesforschungsministerin Anja Karliczek leiten die Plattform gemeinsam mit hochrangigen Vertretern aus Unternehmen, Wissenschaft, Verbänden und Gewerkschaften. Expertinnen und Experten erarbeiten in Arbeitsgruppen Strategien, fachliche Lösungsansätze und Empfehlungen zu den wichtigsten Themen der Industrie 4.0.
Die Plattform Industrie 4.0, eine Initiative zur Kompetenzerweiterung und Standardisierung digitaler Technologien im Produktionsumfeld, hat sich im jüngsten Ergebnispapier „Kollaborative datenbasierte Geschäftsmodelle“ für unternehmens- und institutionsübergreifende Zusammenarbeit ausgesprochen.
Dies bezieht sich insbesondere auf das wirtschaftliche Potenzial datengetriebener Wertschöpfungsnetzwerke und die Erschließung neuer Geschäftsmodelle. Im Gegensatz zum klassischen Marktmechanismen wie der isolierten Nutzung von Wettbewerbsvorteilen und Alleinstellungsmerkmalen durch individuelle, nicht interoperable, technologische Lösungen gibt es insbesondere im Umfeld von Gründung und Netzwerkbildung Bereich der Produktentwicklung einen Paradigmenwechsel, der auf die Zukunft der Industrie 4.0 zeigt. Neue Modelle der Zusammenarbeit, insbesondere in der kooperativen Nutzung von Daten, versprechen Mehrwerte für alle Netzwerkakteure. Flexibilität und Resilienz sind nur zwei Eigenschaften, die diesen neuen Kooperationsmodellen zugeordnet werden. So können beispielsweise im Maschinenbau Daten von vor- oder nachgelagerten Akteuren der Wertschöpfungskette in das eigene Unternehmen integriert werden. Informationen über die Produkte der Zulieferer oder die Nutzung des eigenen Angebots durch den Kunden können somit in die eigene Wertschöpfung einfließen und diese optimieren. Vor dem Hintergrund sich immer schneller wandelnden Marktbedingungen und -anforderungen, dem Anstieg der Bedeutung des globalen Wettbewerbs sowie mit Blick auf wirtschaftliche bzw. unternehmerische Krisenbewältigung wie zu Zeiten einer Pandemie, scheinen diese Mehrwerte Wertschöpfungsnetzwerke essenziell. „Ein auf gemeinsamen Regeln basierter offener Austausch von Daten in einer multilateralen Zusammenarbeit, die sich unternehmens- und wettbewerbsübergreifend erstreckt, kann dieses Potenzial deutlich erhöhen“, so die Autoren.
Es wird das Modell des „Collaborative Condition Monitoring“ exemplarisch vorgestellt – ein branchen-hybrider Ansatz zur datengetriebenen Zustandsüberwachung in der Produktion, der ein Ökosystem mit Nutzen für alle Akteure schafft. Der offene Austausch innerhalb eines dreistufigen Netzwerks sei ein zentrales Element dieser Kooperationsform, die sich dadurch klar von klassischen bilateralen Partnerschaften unterscheidet.
KI auf dem Weg zur Wirklichkeit: Beitrag aus Lemgo
Die datengetriebene Produktion und neue Formen der ZusammenarbeitKollaboration, um diese voranzutreibenzu begünstigen, bilden können eine große Schnittmenge mit durch neuen Technologien der Künstlichen Intelligenz (KI) unterstützt werden. Am Fraunhofer IOSB-INA in Lemgo forscht man auf diesem Gebiet erfolgreich seit mehr als zehn Jahren, in Kooperation mit Hochschulen und Universitäten sowie mit Wirtschaftspartnern aus der Region Ostwestfalen-Lippe und darüber hinaus. In diesem Rahmen haben die Fraunhofer-Forscher mit der Einrichtung eines Reallabors für Künstliche Intelligenz in der Produktion einen nennenswerten Beitrag für die Erprobung und Verbesserung der unter anderem der im Papier benannten Kooperationsmodelle geleistet.
Das KI Reallabor in Lemgo ist seit 202019 ein Ort Ökosystem für die gemeinsame Sammlung und offene und souveräne Aufbereitung von Produktionsdaten für Verfahren des Maschinellen Lernens bzw. Deep Learning. Diese hochwertigen Daten aus dem industriellen Umfeld der SmartFactoryOWL oder regionalen Unternehmen werden einer KI Community zur Verfügung gestellt, um Anwendungsfälle und Probleme zu bewältigen. Diese Lösungserarbeitung findet unter anderem in Hackathons durch KI Experten statt. Im Ergebnispapier der Plattform Industrie 4.0 heißt es dazu: „Unter Federführung des Fraunhofer IOSB-INA werden gemeinsam mit regionalen Unternehmen sowie Netzwerkpartnern innovative KI-Technologien unter unterschiedlichen Rahmenbedingungen der Industrie 4.0 erforscht. Für dieses KI-Reallabor werden Realdaten aus einer komplexen Prozesskette herangezogen, anhand denen die technischen Aspekte des CCM wissenschaftlich untersucht werden. Das Ziel ist die Evaluierung und Weiterentwicklung von KI-Methoden in einer realitätsnahen industriellen Umgebung. dabei werden Daten aus unterschiedlichen Quellen semantisch interoperabel zusammengeführt. Die somit unter Laborbedingungen gewonnenen Erkenntnisse sind eine wichtige Voraussetzung für die verlässliche Anwendung von KI in realen Produktionsanlagen.“
Die in diesem Zusammenhang ebenfalls in Lemgo entstandene „AI Community OWL“, eine Initiative von Unternehmen, Instituten und Privatpersonen, treibt die Entwicklungen auf dem KI-Sektor auch jenseits des Daily Business voran – hier treffen sich technikbegeisterte und fachlich versierte rund um das Thema der Künstlichen Intelligenz, es werden Foren und unterschiedliche Veranstaltungsformate geschaffen, Hackathons abgehalten und vieles mehr. Die AI Challenge Days, die im Juni 2020 zum ersten Mal stattfanden, sind ein gutes Beispiel dafür, wie KI- bzw. datenfokussierte Kooperationen über Unternehmens- und Branchengrenzen hinaus funktioniert. Die nächsten AI Challenge Days sollen nach der ersten erfolgreichen Veranstaltung bereits im vierten Quartal 2020 abgehalten werden. Neue Wirtschaftspartner haben für eine Teilnahme bereits ihr Interesse signalisiert.